Kasernen-Projekt der HSA – Ausstellungseröffnung und Stadtgespräch02
Ein Highlight unserer Vereinsaktivitäten 2016 ist die Ausstellung und das Stadtgespräch02 zum Sonthofer Kasernen-Projekt der Hochschule Augsburg. Ein paar Wochen vorher waren einige von uns nach Augsburg zur Schlusspräsentation gefahren und hatten gemeinsam mit Ingrid Fischer (Stadträtin, 3. Bürgermeisterin) und den Projektbetreuern der Hochschule die besten und interessantesten Entwürfe ausgesucht. Diese werden jetzt in einer kleinen Ausstellung in der Sparkasse am Oberallgäuer Platz der Sonthofener Öffentlichkeit präsentiert.
Zur Eröffnung hat die BAUSTELLE SONTHOFEN zum zweiten „Stadtgespräch“ geladen, einer Gesprächsrunde zum Thema Stadtumbau. Schließlich ist es uns ein besonderes Anliegen, die Beteiligung am offenen und öffentlichen Dialog über das Bauen in Sonthofen zu stärken. In diesem Zusammenhang sind der Stadtumbau und die Kasernen-Konversion natürlich besonders wichtig, da sich die Stadt in den kommenden 20 Jahren in Teilbereichen stark verändern wird.
Um darauf aufmerksam zu machen und um verschiedene Perpektiven kennen zu lernen, unterhalten sich die Stadträte Ingrid Fischer und Christian Lanbacher, unser Stadtbaumeister Dr. Jürgen Rauch, Prof. Marcus Rommel (Hochschule Augsburg) und Philip Sodeur (BAUSTELLE SONTHOFEN) über das Thema. Zudem haben wir Uwe Brendler vom Heimatdienst, Hans Fili von der ASS (Attraktive Stadt Sonthofen) und Bürgermeister Christian Wilhelm als zusätzliche Gesprächspartner in die erste Publikumsreihe geladen.
Lebhaft moderiert von der hiesigen Journalistin Katja Voigt, wird deutlich, dass die eingeladenen Sonthofer Akteure zwar unterschiedliche Schwerpunkte in ihren Sichtweisen vertreten, aber alle vereint sind in ihrer Leidenschaft für den Ort.
Christian Wilhelm erklärt, warum es um die Konversion zur Zeit in der Öffentlichkeit eher still geworden ist. Die Gemeinde steht in intensiven Verhandlungen mit der BIMA (Bundesanstalt für Immobilienaufgaben), um die Kasernenflächen zu einem möglichst guten Preis kaufen zu können. Der Kauf der Flächen sei notwendig für die Stadt, um dort die Gestaltungshoheit zu behalten, was für die weitere Ortsentwicklung von großer Bedeutung ist. Er dankt außerdem der BAUSTELLE SONTHOFEN, mit Veranstaltungen wie dieser die öffentliche Diskussion über die Ortsentwicklung am Laufen zu halten. Außerdem sieht er sie auch als wichtigen Beitrag zur Frage nach der Identität in Sonthofen, die ihn und die Mitglieder des Stadtrates immer wieder sehr beschäftigen.
Uwe Brendler vom Sonthofer Heimatdienst beklagt zunächst den oft unbemerkten Wegfall wichtiger historischer Gebäude bis in die heutige Zeit hinein. Er wünscht sich ein stärkeres Bewußtsein für diesen historischen Bestand und für dessen Erhalt. Dann erzählt er von seinen Erfahrungen mit den Kasernengebäuden, die er durch seine berufliche Tätigkeit gut kennen gelernt hat. Er spricht sich auch bei diesen Gebäuden für einen großflächigen Erhalt aus, da sie aus seiner Sicht eine hervorragende Bausubstanz hätten. Später empfiehlt er noch den Besuch einer Ausstellung über den Schweizer Architekten Amadeo Ruinelli die zu selben Zeit in Füssen gezeigt wird. Hier würde gezeigt, wie auf vorbildliche Weise traditionelle Bauformen mit moderner Architektur kombiniert werden können – dies wünsche er sich auch für Sonthofen.
Professor Marcus Rommel, als neutraler Gesprächsteilnehmer mit dem „Blick von Außen“, fasst seine Beobachtungen über Sonthofen zusammen: Dass es dem Ort „ein Stück weit“ an Identität fehle, was man auch an der heutigen Diskussion spüren könne. Dass Sonthofen in einem besonders reizvollen Landschaftsraum liegt, was in der Stadt selbst aber zu wenig spürbar sei. Und, dass der Autoverkehr in Sonthofen zu stark im Vordergrund stehe, wodurch selbst in der Freizeit zu oft das Auto bewegt würde – eine so kleine Stadt sollte für Fußgänger und Radfahrer angenehmer sein.
Später rät er der Stadt und Bürgermeister Christian Wilhelm noch, sich weiter intensiv mit Bürgerbeteiligung zu beschäftigen. Vor allem empfiehlt er, diese möglichst früh, lange vor der eigentlichen baulichen Umsetzung zu ermöglichen, um im Vorfeld eine möglichst große Akzeptanz für die vielen Neuerungen zu erreichen.
Stadtbaumeister Dr. Jürgen Rauch wies darauf hin, dass mit der Konversion rund 30 % der Fläche der Kernstadt in nächster Zukunft „neu zu formen“ wäre. Er sieht dadurch die große Chance die Innentwicklung Sonthofens voranzutreiben, obwohl die Stadt, räumlich eingeengt zwischen Iller und Ostrach, kaum mehr Möglichkeiten habe nach außen zu wachsen. Die Stadt vertage diese Innenverdichtung aber sehr gut, seiner Meinng nach benötige der Ort sie sogar, um mehr Urbanität zu erreichen. Diese Urbanität sieht er als enorm wichtig für die weitere Entwicklung der Stadt, zudem würde eine höhere Dichte auch für eine Belebung der Innenstadt führen.
Stadträtin Ingrid Fischer lobt grundsätzlich die Ergebnisse des ISEK (Integriertes städtebauliches Entwicklungskonzept, das unter intensiver Mitarbeit der Sonthofer BürgerInnen entstanden sei. Diese Ergebnisse seien allerdings „nicht in Stein gemeißelt“, sondern müssten an aktuelle Ereignisse und Bedürfnisse (z.B. auf dem Wohnungsmarkt) angepasst werden. Sie spricht sich außerdem für eine Bewerbung für eine Landesgartenschau aus, um eine Hauptaussage des ISEK zu erfüllen und mehr öffentliches Grün in die Stadt zu holen.
Baureferent und Stadtrat Christian Lanbacher ist es wichtig, beim Bauen die Frage nach der Allgäuer bzw. der Sonthofer Identität zu berücksichtigen. Er glaubt, dass oft das Wissen über, aber auch ein eindeutiges Bekenntnis zu dieser Identität fehle, was man auch dem oftmals beliebigen Stadtbild ablesen könne. Somit plädiert er dafür, sich beim Stadtumbau mit der eigenen Kultur zu befassen, was sich dann auch in der Formgebung beim Bauen zeigen würde. Bei einer ersten, oberflächlichen Betrachtung der ausgestellten Studentenentwürfe habe er dies teilweise vermisst.
Hans Fili, als Vertreter der ASS (Attraktive Stadt Sonthofen), sprach sich gegen eine weitere Dezentalisierung der Innenstadt aus, wie sie beispielsweise durch den Rudolf-Diesel-Park vorangetrieben würde. Er wünscht sich eine weitere Belebung der Innenstadt sowie gestalterische Verbesserungen. Daher könnte er sich vorstellen, dass eine Landesgartenschau auch eine Erhöhung der Aufenthaltsqualität und eine Aufwertung des Stadtzentrums mit sich bringen würde.
Auch Philip Sodeur, als Vertreter der BAUSTELLE SONTHOFEN, unterstreicht das Potential einer Landesgartenschau für Sonthofen: tatsächlich könne Sonthofen dadurch insgesamt ein angenehmerer, schönerer Ort werden, außerdem wären die Fördergelder äußerst attraktiv für Orte mit schwieriger Hauhaltssituation. Man müsse auch daran erinnern, dass Gartenschauen heute keine reinen „Blümchenmessen“ mehr wären – die umgesetzten Maßnahmen im öffentlichen Raum blieben den Orten nach Beendigung der Schau schließlich erhalten.
Nach einer kurzen Diskussion mit dem Publikum zum aktuellen Thema Oberallgäuer Platz, weist Philip Sodeur noch darauf hin, dass sich Sonthofen in den kommenden beiden Jahrzehnten sehr verändern wird und sich dazu auch „ein bisschen neu erfinden“ müsse. Denn die lange Zeit als „reine Garnisonsstadt“ sei vorbei und das hieße, man müsse sich auch als Sonthofer Bürger auf Neues einlassen.
Uwe Brendler gab gegen Ende der Gesprächsrunde zu bedenken, der Stadt fehle ein zentraler Platz wie in Pisa oder in Lucca, der auch ein Alleinstellungsmerkmal für den Ort sein könnte.
Marcus Rommel bestärkte Sonthofen, die momentane Phase der Orientierung bei der Stadtentwicklung zu nutzen, um sich möglichst viele Ideen und die Perspektive von außen zu holen: „Das dürfen Sie nicht verpassen!“
Damit beendet Moderatorin Katka Voigt die Runde und nach einer kurzen Preisverleihung für die besten Studentenarbeiten, wird die zweiwöchige Ausstellung offiziell eröffnet.
Die Resonanz der ca. 100 interessierten Gäste freut uns sehr und zeigt, dass Stadtumbau und Konversion wichtige Themen in Sonthofen sind – wir bleiben dran!